Mein Wecker klingelt, ich schlage die Augen auf, es ist dunkel und fühlt sich an wie mitten in der Nacht. Ich bin noch etwas verschlafen und verwirrt. „Ah ja… Morgenseiten schreiben.“ Ich rolle mich auf die Seite und krame mein Heft und Stift hervor, setze mich im Bett auf und beginne zu schreiben. Für die nächsten 20 – 30 Minuten.
Morgen… – was?!
Julia Cameron beschreibt in ihrem Buch „The Artists Way – Der Weg des Künstlers“ die Übung „Morgenseiten“ (morning pages). Diese regen deine Kreativität an und bringen Klarheit in dein Leben. Kreativität ist unerlässlich, wenn es um Problemlösungsfindung geht – darum unterstützen dich die Morgenseiten auch wenn du keine Künstlerin bist.

Kurzanleitung
Schreib ungefiltert und unzensiert drauflos bis du drei A4-Seiten gefüllt hast. Wichtig ist, dass du von Hand schreibst und dies jeden Tag wiederholst.
Und was schreibst du? Alles was dir durch den Kopf geht. Oft sind die Sätze unvollendet, weil dir ein anderer Gedanke kommt.
Das kann beispielsweise so aussehen:
Es ist früh. Ich will noch schlafen. Ich bin zu müde. Heute kommt der Kaminfeger vorbei. Mama will, dass ich bei ihr vorbeikomme, um Pflaumen zu pflücken. Wieso schreibt Peter nicht zurück. Warum geht er mir nicht aus dem Kopf. Flugticket umbuchen – hoffentlich geht das. Ich weiss nicht mehr was schreiben. Ich müsste aber so viel machen und jetzt hock ich hier im Bett. Tanja hat gestern angerufen, sie war
sehr aufgelöst.
Deine Gedanken hüpfen und reissen ab, das ist normal. Es braucht keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen Sätzen.
Grammatik und Rechtschreibung spielen keine Rolle und auch sonst gibt es keine Regeln. Ausser, dass du den Stift erst ablegest, wenn du die 3 Seiten vollgeschrieben hast.
Danach legst du die Morgenseiten weg und widmest dich dem Tag. Cameron empfiehlt die Seiten frühestens nach zwei Monaten zu lesen. Vielleicht jammerst und klagst du viel. Wut, Trauer und alle möglichen anderen Gefühle können hochkommen, all das ist ok. Diese Seiten sind persönlich und darum nur für deine Augen gedacht.
Meine eigenen Gedanken langweilen mich – meine Erfahrung
Über meine Erfahrungen mit den Morgenseiten könnte ich Seiten füllen. Ich mach es kurz. Ja, ich brauch Überwindung, morgens die Morgenseiten zu schreiben und mich nicht einfach wegzudrehen. Aber die positiven Effekte zahlen sich für mich mehr als aus. Durch die Morgenseitenzeit gleich zu Beginn des Tages leert sich mein Kopf von wiederkehrenden Sorgen, Problemen oder Gedanken. Ausserdem führt es dazu, dass ich beispielsweise ein Problem über eine Woche wälze und mich im Selbstmitleid suhle und aufs Mal merke, dass das Problem anfängt mich zu langweilen. Und dass ich meine Energie anders einsetzen will. Auf diese Art sind oftmals schon viele kreative Lösungsansätze entstanden oder ich bin auf andere Wurzeln des Themas gestossen. Ich habe für mich festgestellt, dass die Veränderung geschieht, wenn Wiederholung eintritt, Langeweile und Ungeduld sich in mir breitmacht.
Meine Umsetzung: ich eröffne meine Morgenseiten mit einer kleinen Dankbarkeitsübung. Dafür nenne ich drei Erlebnisse oder Begegnungen, für die ich dankbar bin.
Ausserdem mache ich einen Strich auf der Seite, wenn ich eine gute Erkenntnis hatte, die ich später nochmals lesen möchte. Die Seiten lese ich nicht mehr, sondern hole mir nur das Angestrichene als Inspiration hervor.
Positive Effekte von den Morgenseiten
Das Schreiben ermöglicht Distanz zum Erlebten und
– Du beginnst einen Prozess der Reflexion.
– Deine Kreativität wird angeregt und es entwickeln sich neue Lösungsansätze.
– Du gewinnst Klarheit und dir fallen Entscheidungen leichter.
– Du reduzierst Stress.
– Du schätzt Momente im Alltag mehr.
– Du startest mit einem freien Kopf in den Tag und bist aufnahmebereit für das was dir der Tag bringt.
Dies sind nur einige Nutzen von den Morgenseiten. Die Morgenseiten können zu unerwarteten Selbsterkenntnissen führen – lass dich überraschen, was sie dir bringen.
In Aktion
1. Schritt: Wecker stellen:
– Nimm dir frühmorgens 20 – 30 Minuten Zeit für die Morgenseiten. Das bedeutet, das der Wecker früher gestellt werden muss.
2. Schritt: Schreiben:
– Mach nichts ausser schreiben.
– Hör nicht auf, wenn dir nichts in den Sinn kommt, sondern

schreib was du siehst und was du fühlst.
– Korrigiere deine Sätze nicht. Schreib einfach drauflos, mach keine Zensur und keine „gute Sätze“.
3. Schritt: Distanz:
– Lies dein Geschriebenes die nächsten paar Wochen nicht. Vielleicht auch gar nie.
Und das war es schon. Als letzter Tipp: Dranbleiben!
Ich bin gespannt, wie du die Übung erlebst und was du daraus mitnimmst.
Teile gerne in den Kommentaren, was bei dir die Morgenseiten verändert haben.
[…] nichts mit Kontrollverlust zu tun hat und du in der Hypnose nichts gegen deinen Willen tun wirst (mehr dazu…