Du kannst die Wellen nicht aufhalten, aber du kannst lernen zu surfen! Jon Kabat-Zinn¹

Ich wurde von vielen Wellen durchgespült, habe unzählige Liter Salzwasser geschluckt, bin kurzzeitig in Panik geraten – obwohl ich weiss, dass dies das Gegenteil bewirkt –, wusste nicht, wo oben und unten ist. Surfen lernen ist nicht einfach. Und die Fortschritte machen sich nur in kleinen Schrittchen bemerkbar. Ebenso dazu gehören Schritte zurück und an Ort.

Des Öfteren habe ich mich gefragt, wieso ich das mache und mich nicht stattdessen am Strand sonne und ein tolles Buch lese. Wende ich mich dann meinen Zielen zu, stelle ich fest, dass ich diese am Strand liegend nicht erreichen würde. Ich mag die herausfordernde Situation, will nicht aufgeben, nur weil es unbequem wird. Ich erinnere mich an das wunderbare Gefühl, das sich in mir einstellt, wenn ich eine schöne Welle bis an den Strand surfe.

 

Trotzdem – kopflos stürze ich mich nicht in die Wellen. Ich analysiere und bespreche meine letzten Versuche mit meinem Coach und nehme daraus wichtige Erkenntnisse mit. Dann steige ich wieder in den nasskalten Wetsuit, zurre die Leash an meiner Fussfessel fest und gehe entschieden ins Wasser den Wellen entgegen.

 

Was können wir von einer Sportart wie dem Surfen lernen, um im Alltag besser mit Stress umzugehen?

 

Unbequeme Situationen lösen oft Stress aus, ob mit Salzwassergeschmack oder im ganz normalen Alltag.

Stress wird von unserem Kopf als Gefahr interpretiert. Auch der Rest des Körpers zeigt möglicherweise heftige Reaktionen. Unter Stress stehend greifen wir meist auf evolutionäre Verhaltensmuster zurück. Im übertragenen Sinne reagieren wir also mit den Folgenden: Flucht, Kampf, Totstellen.

Anders als in der Steinzeit sind es heute äusserst selten lebensbedrohliche Situationen, die in uns Stress auslösen. Dementsprechend führen die evolutionären Verhaltensweisen meist nicht zum gewünschten Ergebnis. Besser ist es, wenn wir uns zielführendere Strategien antrainieren.

 

Das Leben bringt Stürme und grosse Wellen ­– Situation akzeptieren

Unser Leben verläuft nicht linear. Es gibt nicht nur angenehme Momente und Tätigkeiten. Immer wieder stehen wir vor Herausforderungen, die Stress auslösen können.

Umgehen können wir dies nicht und sich dagegen auflehnen hilft meist wenig. Akzeptanz kann uns dagegen weiterbringen. Akzeptieren heisst nicht „schönreden“, sondern die Situation als das zu nehmen was sie ist. Eine neutrale Betrachtungsweise zu üben, hilft.

 

Erfahrungen sammeln, Situationen analysieren, Motivation klären und entsprechend Handlungspläne entwickeln

Wenn wir unter Stress stehen, nehmen wir uns selten Zeit, die Situation und unser Verhalten zu analysieren. Das hat mit dem beschriebenen evolutionären Stressverhalten zu tun.

Wichtig ist, dass wir einen Schritt zurücktreten. Was ist mein Ziel? Was ist meine Motivation? Diese Analyse gibt uns Hinweise auf Handlungsweisen, welche fördernd sind für das Erreichen unserer Ziele.

 

Nun fehlt noch ein wichtiger Schritt – TUN!

Überlegen Sie sich den nächsten Schritt, der Sie in einer herausfordernden Situation näher an Ihr Ziel heranführt. Brechen Sie diesen in Teiletappen hinunter, damit Sie den nächsten kleinen Schritt in den folgenden 24 Stunden umsetzen können.

 

Wie zum Beispiel den Pop-up (Sprung, um auf dem Surfbrett zu stehen) als Trockenübung daheim zu üben.

Was machen Sie als Nächstes?

 

Dieser Artikel enthält Elemente der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT), einer neueren Form der verhaltenstherapeutischen Psychotherapie. In zukünftigen Artikeln werden Sie mehr über dieses Konzept erfahren und entsprechende Literaturhinweise erhalten.

 

¹Martin Shervington, John Seymour: Life: You can’t stop the waves but you can learn how to surf